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Bildung ist systemrelevant!

Die Corona-Pandemie beschneidet das private und gesellschaftliche Leben drastisch. Wir haben uns an vier Abenden zum Stand der Bildung ausgetauscht. Was machen COVID-19 und Beschränkungen mit Schule, beruflicher Bildung, Erwachsenenbildung und Kindertagesstätten? Ist Bildung systemrelevant?

Viele Gäste haben die Gelegenheit genutzt, sich unter dieser Fragestellung mit eigenen Erfahrungen einzubringen und mit anderen Personen auszutauschen. Die Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) der SPD Unterfranken und die Akademie Frankenwarte haben Interessierte, Betroffene und Akteur*innen an vier Abenden eingeladen, die Bildungsorte Schule, Berufliche Bildung, Erwachsenenbildung und Kindertagesstätten in den Fokus zu nehmen. Mit unseren Gesprächspartner*innen haben wir diese Leitfragen diskutiert: Welche Erfahrungen wurden gemacht und was wird genau kritisiert? Wer kann wie zur Besserung der Lage beitragen? Welche Probleme resultieren aus der Pandemie, welche wurden dadurch deutlicher? Gibt es gemeinsame Forderungen an Politik?

Eine inhaltliche Zusammenfassung aller vier Online-Diskussionsabende können Sie hier als PDF zum Nachlesen herunterladen.

(Berufs)Schulen

Gerhard Bless, Vorsitzender des Unterfränkischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes ULLV, stellt ein hohes Engagement der Lehrer*innen und Schüler*innen fest. Große Probleme bereite weiterhin der Rückstand in den digitalen Möglichkeiten und der Mangel an Lehrkräften. "Sparen, sparen, sparen - das war die Priorität, und nicht die Bildung selbst." Hinzu kämen Mängel im Gesundheitsschutz und an den Bauten selbst. „Die Schulbildung ist nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Das starre Notensystem passt einfach nicht mehr, doch konservative Kräfte wollen keine Veränderung und auch im Kultusministerium ist kein Veränderungswille erkennbar.“

Freya Altenhöner, Schulsozialpädagogin an beruflichen Schulen, berichtete von anfänglicher großer Neugierde bei den Schüler*innen am Distanzunterricht. Doch gibt es nicht wenige, denen nur ihr Smartphone hierfür zur Verfügung stehe. „Ungleichheiten verschärfen sich jetzt, Kontakte fehlen, die Angst, den Abschluss nicht zu schaffen oder auf mangelnde Akzeptanz des 'Corona-Abschlusses' zu stoßen, wächst, ebenso die Angst vor Betriebspleiten.“   

Erwachsenenbildung

Renate Kaut (Vorsitzende des Bayerischen Volkshochschulverbands BVV Bezirk Unterfranken) ist beeindruckt, wie mit Online-Angeboten das Beste aus der Situation gemacht wurde. Trotz Rettungsschirmen sind die finanziellen Einbußen massiv, politischen Entscheidungen seien kaum vorherseh- und nicht immer nachvollziehbar. Integrationskurse mussten abgesagt werden, Berufssprachkurse fanden statt. Hart trifft es die hauptberuflichen Honorarkräfte. Hier kamen die finanziellen Hilfen sehr spät, so dass nicht wenige in andere Jobs abwanderten. Kauts klare Forderung: „Die Politik muss gegenüber den Kommunen klar stellen, dass Erwachsenenbildung nicht kostendeckend sein kann. Bildung muss für alle angeboten werden und das geht nur durch Förderung. Wir müssen der wachsenden Erschöpfung in unserer Gesellschaft mit neuen Formaten der Gesundheitsbildung begegnen. Dazu braucht es dringend mehr Lobbyarbeit.“ 

Auch die politische Erwachsenenbildung musste sich neu finden, wie Stephanie Böhm, Leiterin der Akademie Frankenwarte, aufzeigte. Auch wenn Online-Angebote nicht als Ersatz für Präsenzveranstaltungen betrachtet werden können, sind es ausgezeichnete Foren, um wichtige Themen zu behandeln und Menschen aus großen räumlichen Distanzen zusammen zu führen. Auch können so andere Bürger*innen für politischen Austausch gewonnen werden. Kathi Petersen, beruflich in der Katholischen Erwachsenenbildung in Nürnberg engagiert, war entsetzt, welchen Stellenwert die Erwachsenenbildung von politischer Seite erhielt. „In einem Zuge mit Bordellen und Spielhallen wurde die Erwachsenenbildung im Maßnahmenkatalog aufgeführt. Dabei ist Erwachsenenbildung eine ganz wichtige Stütze in Krisenzeiten, denn sie kann Menschen ermutigen.“ Gerade die gemeindliche Bildungsarbeit brach fast völlig zusammen. Maßnahmen werden geplant, abgesagt, verschoben und wieder geplant. „Das ist sehr frustrierend.“

KinderbetreuungMonika Kraft, Fachabteilungsleitung Kinder-, Jugend- und Familienarbeit der Stadt Würzburg, ist sich bewusst: Wenn das System Kinderbetreuung von einem Tag auf den anderen wegbricht, dann können das die wenigsten Familien abfangen. Doch sie betont: "Wir sind familienergänzend, aber nicht familienersetzend." In ihrer Funktion sieht sie sich als Anwältin der Kinder und Jugendlichen und nicht mit der Aufgabe befasst, beste Bedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, um auf die Arbeitskraft von Eltern flexibel zugreifen zu können. Für Kommunen bleibe es besonders schwierig, Verordnungen, Hygienepläne etc. an Bevölkerung und Einrichtungen weiterzugeben. Oftmals bekommen Kommunen die Informationen zeitgleich mit Trägern und Kindertagesstätten. "Ich habe die neuesten Verordnungen noch nicht einmal gelesen, da klingeln schon die Telefone. Die Erwartungshaltung, zum Beispiel in einem Tag 40.000 Schutzmasken aufzutreiben, müssen wir erst einmal senken."

Die Akademie Frankenwarte und die AfB Unterfranken danken allen Beteiligten für den wichtigen Austausch an den vier Abenden. Nun bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnisse, Ideen und Forderungen bei Entscheidungsträger*innen und engagierten Bürger*innen auf offene Ohren stoßen. Für Fragen und Anregungen stehen die Organisatorinnen Kathi Petersen (AfB Unterfranken, Jutta.Henzler@spd.de) und Stephanie Böhm (Akademie Frankenwarte, stephanie.boehm@frankenwarte.de) gerne zur Verfügung.  

Eine inhaltliche Zusammenfassung aller vier Online-Diskussionsabende können Sie hier als PDF zum Nachlesen herunterladen.

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